Schwarzer Tee
Schwarzer Tee (Schwarztee) nimmt neben Grüntee, Weißem Tee und teeähnlichen Erzeugnisse (Kräutertees, Früchtetees, Rooibos, Mate, u. a.) sowie den mit Schwarzen Tee zum Teil Schnittmengen in Geschmack, Aussehen und Herstellung aufweisenden Oolong- und Pur Erh-Tees eine überaus wichtige Rolle ein. Insbesondere in den westlichen Ländern hat Schwarzer Tee einen überragenden Markt-Anteil: Die in Europa konsumierte Tee-Menge wird ungefähr zu 90 % von Schwarztee abgedeckt.
Merkmale, Wirkung und Herstellung des Schwarztees
Vom pflanzlichen Basisstoff unterscheiden die Tees im eigentlichen Sinne sich nicht voneinander. Im Gegensatz zu Rooibos, Mate und anderen teeähnlichen Erzeugnissen sind alle eigentlichen Tees Blätter des Teestrauchs Camellia sinensis und dessen Unterarten und Zuchtsorten. Grundsätzlich unterscheiden sich diese Tees vor allem durch das je nach Produkt in der Regel zehn bis 24 Stunden dauernde Bearbeitungsverfahren nach der Ernte. Einen zentralen Stellenwert nimmt dabei der Begriff „Fermentation“ ein. Im Prinzip handelt es sich bei der Tee-Fermentation um einen natürlichen chemischen Oxydierungs-Prozess, bei dem durch Schaffung entsprechender Voraussetzungen (vor allem Wärme von konstant ungefähr 30 Grad und hohe Luftfeuchtigkeit) ätherische Öle in den Teeblättern zur Entfaltung gebracht werden. Dabei wird die Ausbildung des typischen, eher kräftig-bitteren Schwarztee-Aromas wesentlich begünstigt.
Wichtig für die Entwicklung der Geschmacksmerkmale sind neben der Fermentation, durch die die Teeblätter ihre charakteristische Schwarzfärbung erhalten, weitere Schritte: Nach dem Pflücken welken die frischen Teeblätter zunächst kontrolliert in gut durchlüfteten Behältnissen. Die welken Teeblätter werden vor der Fermentation gerollt und dadurch zum Brechen gebracht, damit die durch die Fermentation zu beeinflussenden ätherischen Öle austreten können. Nach der Fermentation folgt ein Trocknungsvorgang. Und schließlich werden die Teeblätter sortiert.
Bei einigen Sorten wird der Tee auch durch Röst- oder Räuchervorgänge behandelt und durch Zugabe von teefremden Stoffen aromatisiert. Wie auch andere Teearten enthalten Schwarztees unterschiedlich hohe Anteile von Koffein und anderen Wirkstoffen. Durch die Schwarztee-Herstellung verlieren die Teeblätter zwar einen Teil von Stoffen (Catechine), denen gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben werden, doch entstehen bei der Fermentation im Gegenzug sekundäre Polyphenole, denen ebenfalls medizinische Bedeutung zugemessen wird. Diese „Theaflavine“ genannten Schwarztee-Stoffe sollen sich unter anderem günstig auf den Cholesterinspiegel auswirken und antibakterielle Wirkungen entfalten können. Darüber hinaus sollen im Schwarztee vorhandene Stoffe nicht nur für eine kurzfristig anregende wie entspannende Wirkung verantwortlich sein, sondern auch bei Langzeit-Genuss helfen, den Blutdruck zu senken. Ob diese positiven Eigenschaften allerdings möglicherweise durch die Beigabe von Milch beim Tee-Trinken aufgehoben werden, ist unter Fachleuten noch nicht abschließend ausdiskutiert.
Verwechslungsgefahr bei den Begriffen „Schwarzer Tee“ und „Roter Tee“
Zur Verwirrung können die regional unterschiedlichen Bedeutungen für „Schwarztee“ führen. Wird in Europa bei der Bezeichnung „Schwarzer Tee“ ein durch Schwarzfärbung der fermentierten und getrockneten Teeblätter gekennzeichneter Tee gemeint, wird im östlichen Asien beim selben Produkt auf die rötliche Farbe des zubereiteten Aufgussgetränks abgestellt. Tee, der in Europa als „Schwarzer Tee“ eingeordnet wird, heißt dementsprechend in China, Japan, Korea und Indien „Roter Tee“. Spricht ein Chinese von „Schwarztee“, meint er in der Regel den nachfermentierten Pur Erh-Tee. Für Südafrikaner dagegen ist ein „Roter Tee“ ein Rooibos.
Geschichte eines aromatischen Klassikers
Der schwarze Tee ist höchstwahrscheinlich in der chinesischen Tee-Provinz Fujian während der Ming-Zeit (13./14. Jahrhundert) erstmals produziert worden, hat aber in China im Vergleich zum dominierenden Grüntee kaum Bedeutung erlangt. Auch die im 17. Jahrhundert durch die sich zunächst das Tee-Transport-Monopol sichernden Niederländer nach Europa verschifften Tee-Ladungen waren fast ausschließlich Grüntee-Partien. Für die Überfahrt benötigten die Segelschiffe fast ein halbes Jahr. Der Grüntee hatte in dieser Zeit bis zur Löschung im Zielhafen meistens erheblich an Qualität verloren. Erst durch das Aufkommen der für die damalige Zeit superschnellen „Tea Clipper“ in der Mitte des 18. Jahrhunderts halbierte sich die Fahrzeit. Sowohl Qualität als auch Preise der Ware wurden günstiger. Entscheidend für die Popularisierung des bis dahin der Oberschicht vorbehaltenen Aufgussgetränks war der Wechsel von Grün- zum haltbareren Schwarztee, der die 100-Tage-Überfahrt ohne Qualitätseinbußen überstehen konnte. Diese Entwicklung wurde im erheblichen Maße von britischen Handels- und Kolonialinteressen gefördert. Systematisch legten die Briten im großen Stil Schwarztee-Plantagen in Indien, wo bis dahin lediglich Grüntee für den Eigenbedarf kultiviert worden war, und anderen zum britischen Empire zählenden Gebieten an.
Sortenvielfalt
Die Sortenvielfalt des in vielen Ländern Ostasiens, Afrikas und Lateinamerikas sowie im Iran, in der Türkei, in Grusinien, in Australien, auf Neu-Guinea und auf den Azoren kultivierten Tees ist schier unübersehbar. Eine weltweite Anzahl von 3000 Tee-Sorten, die zumeist auch schwarzteetauglich sind, dürfte annähernd realistisch sein.
Bei einigen Tees wird gestritten, ob sie zu den Schwarztee-Sorten gerechnet werden können oder nicht. Dazu zählt vor allem der Pur Erh. Dabei handelt es sich um einen Grüntee, der in einem zeitaufwendigen Prozess nachfermentiert und deshalb oft zu den Schwarztees gezählt wird. Der häufig in Ziegelform gelagerte Pu Erh ist der Traditionstee der nordchinesischen und mongolischen Nomadenvölker, für die der im Geschmack leicht faulige Pur Erh wegen seiner langen, an ausgedehnte Wanderungen angepassten Haltbarkeit besondere Beliebtheit errungen hat. Ebenfalls als Grenzfall werden chinesische Oolong-Tees eingeordnet, die, in unterschiedlichen Intensitätsgraden, halbfermentiert sind.
Eindeutig zu den Schwarztees zählen dagegen die berühmten fermentierten Sorten der indischen Tees aus Assam und Darjeeling. Der nordindische Bundesstaat Assam gilt als die größte zusammenhängende Tee-Anbau-Region der Welt. Assam-Tees zeichnen sich durch ihre typisch malzigen Geschmacksvariationen aus. Im Gegensatz zum im Tiefland wachsenden Assam-Tee ist der in Westbengalen angebaute Darjeeling ein Hochlandgewächs und wesentlich leichter und blumiger im Geschmack als Assam. Ein weiterer bekannter indischer Tee ist der aus den südindischen Bundesstaaten Tamil Nadu und Kerala stammende Nilgiri. Die dunklen Nilgiri-Tees zeichnen sich durch intensiven Duft und ausgeprägtes Aroma aus. Der im Nachbarland Sri Lanka angebaute schwarze Ceylon-Tee ist bekannt für seine angedeutet zitronige Geschmacksausrichtung.
Auch aus dem Mutterland des Tees, dem vor allem für Grüntee bekannten China, stammen hervorragende Schwarztees. Ein Beispiel ist der auch „Wuyi-Felsentee“ genannte Lapsang souchong. Dieser in China als „Tee der Westler“ bekannte Tee ist durch sein an Pinien-Holz und Whisky erinnerndes rauchiges Aroma unverwechselbar. Der bekannteste chinesische Schwarztee ist der vor allem für den Export produzierte Keemun, der aus der Provinz Anhui stammt. Dieser gezielt auf den Geschmack von englischen Kunden abgestellte, dezent blumige Tee wurde 1875 erstmals geerntet und begeistert seine Anhänger durch einen an Wein und Obst anklingenden Geschmack.
Auch die Tee-Hochburgen Sikkim, Nepal, Indonesien und Japan können mit hochwertigen Schwarztee-Sorten aufwarten.
Mischungen und Aromatisierungen
Neben reinsortigen Angeboten werden in Europa und Nordamerika besonders gern auch Schwarztee-Mischungen getrunken. In Deutschland, wo vor allem an der kulturgeschichtlich durch Handelskontakte mit Holland und England beeinflussten Nordseeküste Schwarztee getrunken wird, ist insbesondere die kräftige Ostfriesen-Mischung populär geworden. Mit einem Verbrauch von 300 Litern Schwarztee pro Jahr liegt der durchschnittliche Ostfriese weit vor den ansonsten beim Tee-Konsum in Europa führenden Iren (242 Liter) und Briten (212 Liter).
Die verschiedenen Varianten von Ostfriesentee vereinen bis zu 20 unterschiedliche Schwarztee-Sorten mit Schwerpunkt auf mit Java, Sumatra und Darjeeling kombinierten Assam-Sorten. International noch berühmter ist der Blend English Breakfast Tea. Diese bodenständig-robuste, auf den Tagesanfang einstimmende Mischung basiert vor allem auf aus Assam, Ceylon und Kenia stammenden Sorten. English Breakfast Tea ähnelt dem ebenfalls koffeinlastigen Irish Breakfast Tea.
Der wohl populärste aromatisierte Schwarztee ist der britische Earl Grey, der seinen unverkennbaren Geschmack durch die zurückhaltende, aber auch prägnante, Beigabe von bitter-duftigem Bergamotte-Fruchtöl erhält.
Zubereitung von Schwarztee
Um den Tee, auch um den Schwarztee, hat sich eine Reihe von zum Teil sehr unterschiedlicher Teezeremonien und Zubereitungsarten ausgebildet, bei denen das Grundprinzip der Teezubereitung aber zumeist gleich ist. Schwarztee wird entweder lose oder als Teebeutelmischung mit heißem Wasser aufgegossen. Eine auf die jeweilige Teesorte und auf den individuellen Geschmack fein zu justierende Faustregel besagt, dass etwa zehn bis 15 Gramm Teeblätter auf einen Liter Wasser kommen. Das Wasser sollte nicht kochend über die Teeblätter gegeben werden, sondern nach dem Aufkochen für wenige Sekunden geruht haben. Die Ziehzeit bei Schwarztee darf fünf Minuten nicht überschreiten, sonst sorgen die reichlich im Tee vorhandenen Gerbstoffe für ein Zuviel an Bitterkeit. Drei Minuten gelten vielen Teefreunden als optimale Ziehzeit.
Eine Sonderheit beim Teezubereitungs-Prinzip stellt das insbesondere in Russland verbreitete Samowar-Verfahren dar. Hier wird auf einem speziellen Wasserkocher kein trinkfertiger Tee zubereitet, sondern zunächst eine Art Tee-Konzentrat. Das Konzentrat wird in einem weiteren Schritt durch die Zugabe von heißem Wasser auf Trinkstärke gebracht.