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Tee in China

Tee in China hat eine reiche und faszinierende Geschichte, die bis zu mehreren tausend Jahren zurückreicht. Als Ursprungsland des Tees ist China eine bedeutende Kulturmetropole für Teekenner und -liebhaber auf der ganzen Welt. Die Vielfalt der chinesischen Teesorten, von den berühmten Grüntees wie Longjing und Huangshan Maofeng bis hin zu den reichhaltigen Schwarztees wie Keemun und Yunnan, spiegelt die unermüdliche Hingabe der Chinesen an die Kunst der Teeherstellung wider.

China ist das Mutterland der Teekultur und die ursprüngliche Heimat des Teestrauches, der erst durch intensive Bemühungen britischer Botaniker auch in andere Länder wie Indonesien, Indien und Afrika gelangte und dort in großem Stil kultiviert wurde. Der Tee blickt in seinem Geburtsland China auf eine mehrere Jahrtausende alte Tradition zurück und ist bis heute fest im alltäglichen Leben der Menschen, in ihren sozialen Gepflogenheiten und ihrem Familienleben verankert. Aus China stammen auch die hohe Kunst der philosophisch geprägten Teezeremonie, die Entwicklung der öffentlichen Teehäuser und das umfassende Wissen um die vielseitigen heilenden Eigenschaften dieses heute in aller Welt beliebten Getränks.

Tee in China

Tee in China ©iStockphoto/Creative-Family

Der mythische Kaiser und seine legendäre Entdeckung

Der chinesische Kaiser Shennong soll vor fünftausend Jahren gelebt und regiert haben und ging in die chinesische Geschichtsschreibung als mythischer Held und „göttlicher Bauer“ ein, der durch seine unermüdlichen Selbstversuche angeblich 365 Arten der wichtigsten Kräuter- und Heilpflanzen entdeckte und deren Wirkung auf den menschlichen Organismus erprobte. Wegen seiner herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Heilkunst wird Shennong schon seit Jahrtausenden in China als Gott der alternativen Medizin verehrt. Neben der Entdeckung wichtiger Nutzpflanzen wie Hirse, Reis, Bohnen oder Weizen und der Entwicklung der Akupunktur wird Shennong vor allem das Wissen um den Tee und seine heilende Wirkung zugeschrieben. Er soll herausgefunden haben, dass die Blätter der Pflanze Camellia sinensis nicht nur gegen eine Vielzahl toxischer Kräuter als Gegengift wirken, sondern auch mit kochendem Wasser zubereitet ein anregendes und schmackhaftes Getränk ergeben. Der Legende nach soll Shennong, der aus hygienischen Gründen ausschließlich frisch abgekochtes Wasser trank, eines Tages in seinem Garten spaziert sein, als durch einen Windstoß einige vertrocknete Blätter eines wilden Busches in seine Tasse fielen. Da diese das Wasser appetitlich hellbraun färbten, probierte er das Getränk und stellte einen erfrischenden Geschmack und eine aufmunternde Wirkung fest. Seine Entdeckung gilt in China als die legendäre Geburtsstunde des Tees, die folgende Generationen dazu inspirierte, mit verschiedenen Zubereitungsarten dieses Getränks zu experimentieren und über die Jahrhunderte eine kunstvolle und philosophisch bedeutsame Tradition zu entwickeln, die auch den Grundstein für die japanische Teekultur legte.

Von der Medizin zum Genussmittel

Die allmähliche Entwicklung einer kunstvollen Inszenierung des Teetrinkens, wie sie in China heute noch praktiziert wird, ließ jedoch noch über drei Jahrtausende auf sich warten. Erst in der Tang Dynastie, die um das Jahr 618 nach Christus einsetzte und etwa dreihundert Jahre andauerte, wurde Tee nicht mehr nur als Heilmittel, sondern auch als Genussmittel im Rahmen von Teezeremonien getrunken. Allerdings war das Getränk zu jener Zeit nur der höfischen Gesellschaft vorbehalten, die sich erstmals in philosophischer Hinsicht mit der Rolle des Tees auseinandersetzte. In der Song Dynastie, die etwa um das Jahr 960 einsetzte, wurde der Tee allmählich auch dem gemeinen Volk zugänglich, nachdem buddhistische Mönche den Anbau und die Kultur der Teesträucher in ihren Klostergärten weiter vorantrieben und das Getränk unter der Bevölkerung verbreiteten. In die Zeit der Song Dynastie fiel die Eröffnung erster Teehäuser, wo Literaten, Künstler und leidenschaftliche Teetrinker zusammenkamen und den Genuss dieses neuen Trendgetränks ausgiebig zelebrierten. Durch zahlreiche Wettbewerbe wurden auch die Sorten in ihrer Qualität ständig weiterentwickelt und die Technik des Teekochens in den Haushalten der Familien aller Gesellschaftsschichten verbessert. Im 17. Jahrhundert wurden schließlich erste Teeschulen eröffnet, die die sogenannten Teemeister ausbildeten. Diese verwöhnen ihre Gäste bis heute in den Teehäusern des ganzen Landes mit dem aufwendig und kunstvoll zubereiteten Getränk.

Der chinesische „Cha“ und seine sechs Sorten

Alle Teesorten, die in China produziert und getrunken werden, stammen von derselben Pflanze, die Kaiser Shennong im dritten Jahrtausend vor Christus entdeckt haben soll, nämlich vom dem als Camellia sinensis bekannten Teestrauch. Die elliptischen, tiefgrün glänzenden Blätter dieses etwa sechs Meter hohen Busches werden auf unterschiedliche Weise geerntet und ergeben je nach geographischer Lage und Grad der Fermentierung nach der Ernte insgesamt sechs chinesische Sorten, die sich durch Geschmack und Farbe stark voneinander unterscheiden. Als „Lü Cha“ wird in China der beliebte und auch international immer mehr geschätzte Grüne Tee bezeichnet, der nach der Ernte durch Röstung erhitzt wird, um die Fermentierung zu verhindern. Bei dem sogenannten „Bai Cha“ handelt es sich um den nur leicht fermentierten Weißen Tee, der seinen Namen wegen des leichten Flaums, der die jungen Blätter umgibt, erhielt.
Der „Oolong Cha“, der in China auch unter der Bezeichnung „Wu Long Cha“ bekannt ist, stellt eine Sorte dar, die durch Halbfermentierung entsteht. Als eine nur in geringen Mengen und ausschließlich in China im Zuge eines weitgehend geheim gehaltenen Herstellungsverfahren produzierte Sorte, trinkt man gerne auch „Huang Cha“, der bei uns als Gelber Tee gehandelt wird und zwischen Grüntee und Oolong einzuordnen ist. Wie überall auf der Welt trinken auch die Chinesen gerne den voll fermentierten Schwarztee, den sie als „Hong Cha“ bezeichnen. Eine Sonderstellung kommt der sechsten chinesischen Teesorte zu, die unter Teekennern deshalb hochbegehrt ist, da die Blätter erst im Zuge einer langen Reifung an Geschmack gewinnen.

Pu Er Cha – Ein einzigartiger Tee aus China

Als besonders kostbare chinesische Spezialität aus der Provinz Yunnan gilt der sogenannte „Pu Er Cha“, der meist in gepresster Scheibenform gehandelt wird und bei uns unter dem Namen „Pu-Erh-Tee“ bekannt ist. Pu Er Cha zeichnet sich durch seine charakteristische dunkelrote Farbe, seinen erdig-kräftigen Geschmack und seine hohe Konzentration gesundheitsfördernder Wirkstoffe aus. Dieser Tee darf ausschließlich von alten Pflanzen, die breite und große Blätter besitzen, gepflückt werden. Abhängig vom Herstellungsprozess wird bei Pu Er Cha zwischen reifen und rohen Sorten unterschieden. Der rohe Pu Er Cha wird nach der Pflückung gewelkt, anschließend geröstet und sofort in runde Fladen gepresst. Diese werden in Papier eingewickelt und je nach Qualitätsgrad bis zu sechzig Jahre gelagert, um durch die lange Reifung und Fermentierung ihren charakteristischen Geschmack zu entfalten. Völlig anders, aber ebenso aufwendig, gestaltet sich die Herstellung des reifen Pu Er Cha, der nach der Pflückung unter feuchten Tüchern oxidiert und währenddessen vierzig Tage lang täglich mit Wasser bespritzt und gewendet wird. Anschließend wird der Tee getrocknet und in die charakteristische Fladenform gepresst. Diese Produktionsverfahren erinnern an die aufwendige Herstellung von Champagner, Weinen und hochwertigen Spirituosen. Wie von erstklassigen alkoholischen Getränke wird auch von Pu-Erh-Tee behauptet, dass er mit zunehmendem Alter an geschmacklicher Fülle und Qualität gewinnt. Leidenschaftliche Teegenießer wählen die kostbaren Sorten daher nach ihrem Herkunftsgebiet und dem Produktionsjahr aus und sind bereit, für ein halbes Kilogramm Tee mehrere hundert Euro zu bezahlen.

Unzählige Arten, Tee zu genießen

Die meistgetrunkene Sorte in China stellt mit Abstand der Grüne Tee dar, der je nach Region pur zubereitet oder mit duftenden Jasminblüten aromatisiert wird. Obwohl China als das Geburtsland der Teeherstellung und –kultur auf eine jahrtausendealte Tradition zurückblickt, haben sich in diesem großen Land mit seinen über zwanzig Provinzen stark variierende Bräuche in Bezug auf die Zubereitung und den Genuss des Getränks entwickelt. Innerhalb der insgesamt 56 Nationalitäten in China entwickelten die Menschen unterschiedliche Vorlieben der gewählten Teesorten, die in vielen Gegenden nicht nur einfach in Wasser gekocht, sondern auch mit unterschiedlichen Zutaten wie Salz, Gewürzen, Reis, Butter und anderen Lebensmitteln zubereitet und verzehrt werden. So vielfältig die Gepflogenheiten, Mentalitäten und Umgangsformen der Menschen sind, finden sich von Region zu Region auch unterschiedliche Verhaltensregeln während der gemeinsam gefeierten Zeremonie. Nahezu allen chinesischen Nationalitäten ist jedoch gemeinsam, dass Tee als Kulturgut eine große Rolle spielt und ein wichtiges Symbol für zahlreiche Familientraditionen und einen respektvollen Umgang der Menschen miteinander darstellt. Die hohe Kunst, die Familie, und vor allem die älteren Generationen im Zuge einer Teezeremonie angemessen zu bewirten, gilt als Grundvoraussetzung einer jeden guten Ehefrau, die ihre Fähigkeit vor der Hochzeit unter Beweis stellen muss, indem sie ihre zukünftigen Schwiegereltern zu einer Teezeremonie lädt. Auch als Symbolgabe im Zuge von Hochzeiten und Familienfeiern und als Zeichen der Ehrerbietung spielt Tee innerhalb der chinesischen Familien eine große Rolle. Abhängig vom individuell zugeordneten Teegeschirr lässt sich auch die Stellung des jeweiligen Familienmitglieds innerhalb des Verbandes definieren.

Chinesische Teehäuser

Da es in China kaum Menschen gibt, die sich nicht als leidenschaftliche Teetrinker bezeichnen, hat sich in diesem Land im Laufe der Jahrhunderte eine ausgeprägte Teekultur entwickelt, die in den unzähligen Teehäusern jeder Stadt und Provinz gepflegt wird und mit der Kaffeehauskultur Mitteleuropas vergleichbar ist. Diese Teehäuser existierten in unterschiedlicher Größe und können von einigen kleinen Tischen in intimer Atmosphäre bis hin zu mehrere hundert Gästen beherbergen. Besonders Shanghai und Peking, aber auch Chengdu, die Hauptstadt der Provinz Sichuan sind für ihre vielen traditionellen Teehäuser bekannt. Die Kulturrevolution unter Mao Zedong brachte die Schließung vieler Teehäuser in China mit sich, da die Teemeister, wie auch die meisten Intellektuellen des Landes, ins benachbarte Taiwan flüchteten und sich dort niederließen. Dadurch lag die Kultur des öffentlichen Teetrinkens in China einige Jahrzehnte lang brach, geriet aber nie in Vergessenheit, da sie innerhalb der Familien von Generation zu Generation weitergegeben und in privatem Rahmen gepflegt wurde. Heute existieren wieder viele Teehäuser im ganzen Land, die gemäß der alten Traditionen mit speziell auf die Zubereitung des Getränks abgestimmtem Interieur ausgestattet sind und wichtige Orte des sozialen Lebens und öffentlicher Kulturveranstaltungen darstellen.

Die Philosophie der chinesische Teezeremonie

Die chinesische Art, Tee zuzubereiten, bedeutet nicht wie in der westlichen Welt nur ein gemütliches Beisammensein und den gemeinsamen Genuss eines warmen Getränks, sondern ein Erlebnis, das Geschmack und visuelles Vergnügen in einzigartiger Atmosphäre miteinander verbindet. Dabei spielen auch die wichtigen philosophischen Ansichten des Buddhismus, des Taoismus und des Konfuzianismus eine bedeutende Rolle im Ablauf der Zeremonie. Menschen sollen im Zuge dieser alle Sinne ansprechenden Tradition ihren Geist entspannen, sich körperlich regenerieren, den intensiven Duft des Aufgusses erleben und die kunstvoll gestalteten Utensilien, die der Teemeister mit Geschick anwendet, bewundern. Der sorgfältig hergestellte und qualitativ hochwertige Tee, der in China im Zuge einer Zeremonie zubereitet wird, entfaltet seine komplexen aromatischen Eigenschaften mit jedem erneuten Aufguss. Während in der westlichen Welt meist nur der erste Aufguss getrunken wird, dient dieser in China lediglich dazu, die Blätter zu öffnen und Bitterstoffe zu lösen. Erst die „Aufgüsse der langen Freundschaft“, die der Teemeister bis zu fünfzehn Mal hintereinander zubereitet, erlauben Teekennern, ihr Lieblingsgetränk auf unterschiedlichen geschmacklichen Ebenen zu erleben und dabei Zeuge eines kunstvollen, seit Jahrhunderten überlieferten Rituals zu werden.

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